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54. Der Bauerngarten | |||
Der vielbeschworene "Bauerngarten" ist ein Gartentyp des 20. Jh. und hat keine Ähnlichkeit mit den tatsächlichen historischen Gärten aus dem ländlichen Raum. Dreimal stand er im Mittelpunkt des Interesses:
In Deutschland brachte wahrscheinlich Lichtwark den Bauerngarten ins Gespräch. In Hamburg war es ein Problem gewesen, dass auf die dortigen kleinen Gärten (durchschnittlicher Vorgarten 6 x 12 m, Garten hinter dem Haus 12 x 14 m) der englische Landschaftsstil sinnvoll nicht übertragbar war. In dieser Situation erinnerte er sich an die Gärten seiner Kindheit, d.h. aus Pietätsgründen noch erhaltene Gärten nach bürgerlichen Vorbildern aus dem holländischen Barock (= 17. Jh.). Bereits 1892 stellte er einen beispielhaft vor. Er war gekennzeichnet von
Der Begriff "Bauerngarten" wurde erst 1855 in einem Vergleich der mittelalterlichen Pflanzenverzeichnisse mit der dörflichen Gartenflora in Österreich geschaffen. Gemeint war damit der traditionelle Pflanzenbestand. Für Lichtwark, der nicht nostalgisch dachte, wurde der Garten seiner Kindheit zum Vorbild für einen formalen Garten, für eine "Raumkunst im Freien". Seine beiden Hauptkriterien waren,
"Es hat Zeiten gegeben, die eifrig bestrebt waren, dem deutschen Garten seine Eigenart, sozusagen den nationalen Charakter, zu nehmen. Renaissance, Barock und Rokoko haben so manches Zerrbild auf deutschem Boden geschaffen, das längst wieder verschwunden ist. Der ländliche Garten blieb unangetastet, der Bauer ließ weder den Fremdling noch seine Art hinter den Zaun. .... Er blieb beim Alten, während ringsum eine Mode die andere jagte. Und er hat recht behalten. Denn nun kommt der Bauerngarten wieder ein wenig in Mode. ...... Die Wiedererweckung der Bauernblumen aber mag immerhin als ein gesunder Zug unserer Zeit gelten" (B. Haldy, 1914). Viele der heutigen "typischen" Bauerngärten haben im Hamburger Garten ihr Vorbild. In ihm gab es keine Beziehungen zur Traditionsreihe "Klostergarten - historischer Bauerngarten - neuer Bauerngarten", die es zu retten galt, einem Ausdruck der Bodenständigkeit. Soweit wirtschaftliche Fragen überhaupt dagegen sprachen, hatten die Gartenmoden auf dem Lande genau so oft wie in der Stadt gewechselt. Das jetzt geschaffene Stereotyp war an keinen Besitzer, keine Größe, an keine Aufgabe oder Alter gebunden, sondern bezog sich allein auf ein altes, nichtbäuerliches Gestaltungsschema und seine Ausstattung. Es kam den damaligen volkskundlichen Bewegungen entgegen. In England entdeckte man zur gleichen Zeit die "cottage garden" (Gertrude Jekyll). Doch waren dort die Neuschöpfungen locker, informell, während die deutschen Bauerngärten dazu im Gegensatz architektonisch, formell waren. Im Sinne einer "bodenständigen" Gartenkultur wurde dann der Bauerngartengedanke von den Nationalsozialisten übernommen. Besonders Langes Überlegungen wurden dabei einflussreich: "In unserer hochentwickelten Empfindungsweise erscheint uns jene einfache Lebenshaltung mit den Grundwerten einfacher Denkart als ein paradiesischer Zustand, aus dem wir in unserer Art zu leben gleichsam ausgestoßen sind. Rechte Betrachtung dieser einfachen bäuerlichen Zustände lehrt uns aber gleichzeitig, dass hier die Wurzel unsrer Empfindungen bodenständig ist. Daher ist die Liebe des Städters für die ländliche Einfachheit heute kein schwächliches Sehnen nach einem Landmannsidyll und Hirtenleben wie zu jener Zeit der sentimentalen Schäferspiele, sondern die Liebe zum Landleben ist ein Schöpfen neuer Kraft für unsere Empfindungen, für unser Denken. ..... (Unsere Hochkultur muss), wenn sie gesund ist und bleiben soll, Geist vom Geist des deutschen Bauern sein". Erneut spielte der nostalgische Gedanke dann um 1980 wieder eine Rolle als Ausdruck einer Ablehnung unserer bestehenden Industrie- und Stadtkultur. Verbunden damit waren oft Forderungen nach alternativen Bewirtschaftungsformen und esoterische Vorgaben. Beides waren keine geistigen Grundlagen der allgemeinen ländlichen Arbeitswelt, zu der die Gärten gehören sollten. |